Integrierter Sonnenschutz bietet Umwelteinflüssen die Stirn
Wenn im Sommer die Jalousien runtergefahren werden und das Licht angeschaltet wird, ist es im ersten Moment die logische Vorgehensweise. Sonst wird es zu warm im Raum und man bei der Arbeit geblendet. Wirklich sinnvoll ist das unter ökologischen und ökonomischen Aspekten aber nicht. Statt dem natürlichen Tageslicht nutzt man künstliche Beleuchtung, die den Stromverbrauch erhöht und ebenfalls Wärme ausstrahlt.
Sonnenschutz als Erfolgsfaktor für Energieeffizienz
Glas ermöglicht lichtdurchflutete Räume, verkörpert Eleganz und Transparenz und ist damit bei Architekten eines der beliebtesten Baumaterialien. Doch so schön großflächige Verglasungen sind – gerade im Sommer bergen sie Überhitzungsgefahr, die durch den Klimawandel verstärkt wird. Für die Nutzung des Gebäudes sind angenehme Raumtemperaturen nötig. Für die Kühlung eines Raumes wird jedoch durchschnittlich dreimal so viel Energie benötigt wie für die Aufheizung.
Zielgerichteter Sonnenschutz, der situationsgenau das Tageslicht steuert, ist daher auch im Hinblick auf die Nachhaltigkeit wichtig. Um den Energiebedarf von Gebäuden zu senken, sollte die benötigte Beleuchtungsenergie zu einem großen Anteil durch natürliches Tageslicht abgedeckt werden. Dies trägt zu einer besseren Bilanzierung der Beleuchtungsenergie nach DIN V 18599-4 bei.
Vielfältige Beschattungsmöglichkeiten
Variable Systeme, die den Einfall des Tageslichtes lenken, besonders am Arbeitsplatz und in öffentlichen Gebäuden, werden also immer wichtiger. Neben zahlreichen Möglichkeiten beim äußeren Sonnenschutz, der die eintretende UV-Strahlung und damit verbundene Erwärmung der Räumlichkeiten reduziert, gibt es seit etwas mehr als 20 Jahren die Möglichkeit, einen Sonnenschutz direkt im Scheibenzwischenraum von Mehrscheiben-Isolierglas zu verbauen. Das bietet einen entscheidenden Vorteil: Integrierte Systeme sind nicht wetterabhängig, somit sind Reinigung und Wartung ebenso wenig nötig wie Windwächter oder andere Schutzmaßnahmen.
Mittlerweile bieten sämtliche Hersteller von Fenstern, Fassaden und Glaselementen eine Option mit integriertem Sonnenschutz an. Wie die Systeme nun aussehen hängt genau wie beim herkömmlichen außenliegenden Sonnenschutz vom Geschmack ab. Das Angebot ist vielfältig und der Einbau von Jalousien, Behängen oder Gitterstrukturen im Scheibenzwischenraum sind in vielen verschiedenen Farben und Formen möglich. Neben klassischen Fassadenelementen aus Glas und Fenstern kommen sie auch bei Dachverglasungen und Trennwandverglasungen zum Einsatz.
Voraussetzungen für problemlosen Betrieb
Um Systeme im Scheibenzwischenraum störungsfrei und langanhaltend einsetzen zu können, muss vorher geklärt werden, wann sie verwendet werden können und wo die Grenzen liegen. So sind höhere Anforderungen an Produktqualität und Gebrauchstauglichkeit, insbesondere auch durch höhere Temperaturbelastungen, zu erfüllen. Die wichtigsten Kriterien zur Beurteilung der Gebrauchstauglichkeit sind laut ift Rosenheim die Sicherstellung der Gasdichtheit des Randverbundes, die Vermeidung von Feuchtigkeitsaufnahme des Randverbundes, das Verhindern von Fogging und die Dauerfunktionsfähigkeit des Einbaus. Die entsprechende ift-Richtlinie VE-07/3 – Mehrscheiben-Isolierglas mit beweglichen Sonnenschutzsystemen integriert im Scheibenzwischenraum erschien erstmals 2005 und wurde zuletzt 2018 aktualisiert.
Zu beachten ist beim Einsatz auch der vergrößerte Abstand zwischen den Scheiben gegenüber den üblichen 12-16 mm, um eine Berührung von System und Scheibe zu verhindern. Andernfalls besteht das Risiko einer Abnutzung und eine damit zusammenhängende Funktionseinschränkung. Nachjustieren oder Reparatur ist oftmals nur durch Austausch im kompletten Fensterverbund möglich. Es gibt jedoch Systeme mit öffenbaren Flügeln, in denen dies ohne eine Glasauswechslung funktioniert. Dort ist wiederum mit einer geringeren Wärmedämmung zu rechnen. Bei Verwendung geprüfter Produkte und unter Berücksichtigung der Planungsempfehlungen können derartige Ausfälle in der Regel ausgeschlossen werden.
Geschützt vor Wind und Wetter
Aktuell wohl die beste Variante ist die Verwendung von Dreifach-Isoliergläsern mit integriertem Sonnenschutz im äußeren und thermischen Abstandshaltern im inneren Scheibenzwischenraum. Dadurch können niedrige g-Werte (< 0,2 %) und U-Werte erzielt werden. Die Steuerung ist über Fernbedienung oder Smartphone möglich und es gibt dabei auch solarbetriebene Technologien. Eine Automatisierung des Sonnenschutzes über Bestrahlungssensoren ist empfehlenswert, damit die Position von Lamellen und die Lichtverhältnisse im Raum selbständig angepasst werden.
Der Schutz, den die umliegenden Glasscheiben dem System liefern, bezieht sich nicht nur auf Wettereinflüsse wie Wind und damit zusammenhängende Geräusche, Hagel, Staub und Schmutz. Auch Probleme mit Insekten und Beschädigungen durch Unachtsamkeit oder Vandalismus können vermieden werden. Zudem muss im Gegensatz zu außenliegenden Systemen keine Sturzhöhe für Kästen aufgegeben werden, wodurch in Neubauten raumhohe Verglasungen möglich sind. Wärmebrücken können vermieden werden.
Meistens noch vor statt in der Scheibe
Über den Einsatz scheiden sich trotz der augenscheinlichen Vorteile die Geister. Kosten und Umsetzung schrecken oft vor der Verwendung ab. Gerade die hohe Komplexität des Zusammenspiels der einzelnen verbauten Elemente kann zu Problemen führen, wenn in der Planung nicht alles bedacht wurde. Generelle Anfangsskepsis, Angst vor Austausch oder vorherige schlechte Erfahrungen führen dazu, dass eher auf die etablierten außenliegenden Sonnenschutzsysteme zurückgegriffen wird. Das könnte sich in Zukunft durch die zunehmende Relevanz des Themas Sonnenschutz ändern. Eine gute Lösung stellen integrierte Systeme schon jetzt für Sanierungen dar, wenn eine Nachrüstung mit außenliegenden Systemen nicht möglich ist. Sie werden daher auch gern bei Erneuerungen an denkmalgeschützten Gebäuden genutzt.
Es bleibt zu erwarten, dass es vor dem Hintergrund der Nachhaltigkeit weitere Entwicklungen in dieser Richtung geben wird, und ob der integrierte Sonnenschutz es von der Nischenlösung zum Standard schafft.
Pia Gottszky
Autorin und Journalismusexpertin mit Schwerpunkt auf Architekturthemen im gesellschaftlichen Kontext.