Die letzte Phase eines Gebäudes: Der Rückbau
Das Thema Nachhaltigkeit gewinnt, national wie auch international, immer mehr an Bedeutung und ist eines der wichtigsten Leitbilder für die Zukunft. Um unserer Nachwelt eine intakte Umwelt hinterlassen zu können, müssen wir nachhaltig handeln. Das bedeutet, ökologische, ökonomische und soziokulturelle Aspekte gleichermaßen zu berücksichtigen und miteinander in Wechselwirkung stehend zu betrachten – auch in der Bauwelt wird zunehmend auf nachhaltiges Bauen Wert gelegt.
Aber was bedeutet nachhaltiges Bauen eigentlich?
Nachhaltiges Bauen bedeutet, den kompletten Lebenszyklus eines Gebäudes zu berücksichtigen und in allen seiner Phasen den Einsatz von Rohstoffen und Energie zu optimieren. Das heißt, von der Rohstoffgewinnung und Planung über die Errichtung und Nutzung bis hin zum Rückbau inklusive Entsorgung und Recycling effizient mit Ressourcen umzugehen und die Umwelt möglichst wenig zu belasten. Auch bei der Nachhaltigkeitsbetrachtung von Gebäuden wird zunehmend nach ökologischen, ökonomischen und soziokulturellen Aspekten beurteilt und bewertet.
Der Gebäuderückbau
Besonders die letzte Phase im Lebenszyklus eines Gebäudes, der Rückbau, wird bisher kaum berücksichtigt. Das könnte sich auf längere Sicht jedoch ändern, denn wenn man den enormen Ressourcenverbrauch und die gleichzeitige Verknappung von Rohstoffen betrachtet, muss in Zukunft auch der Rückbau und die Wiederverwertbarkeit von Baustoffen ganzheitlich betrachtet werden. Auch als Bauherr sollte man sich bereits bei der Planung Gedanken über den Rückbau eines Gebäudes oder einzelner Bauteile sowie deren Wiederverwendbarkeit machen – die Rückbaufreundlichkeit könnte beim Verkauf des Gebäudes für den Käufer ein ausschlaggebendes Kaufargument sein.
Wenn schon abbrechen, dann richtig!
In der heutigen Zeit sollte man den kontrollierten Rückbau vorziehen, denn es ist wichtig den Austrag und die Verteilung von Schadstoffen in die Umwelt durch einen fehlerhaften Rückbau zu verhindern. Ein kontrollierter Rückbau ist ein systematischer, selektiver, recyclinggerechter Abbruch, bei dem die schadstoffhaltigen Materialien immer vor dem eigentlichen Gebäudeabbruch ausgebaut werden. In der Vergangenheit wurden Baumaterialien eingesetzt, die heute als Sondermüll gelten, wie zum Beispiel Asbestplatten. Ziel des kontrollierten Rückbaus ist die Verwertung eines möglichst hohen Anteils von Bauabfall sowie die Trennung der verwendeten Baumaterialien mit höchstmöglicher Sortenreinheit. So können Materialien wie Ziegel, Holz und Beton vollständig getrennt werden.
Um den Anforderungen und Zielen eines kontrollierten Rückbaus gerecht zu werden, bedarf es einer Planung mit Erstellung eines Rückbau- und Entsorgungskonzeptes. Bei der Durchführung eines kontrollierten Rückbaus werden die Schritte eines Neubaus in umgekehrter Reihenfolge vorgenommen. Je nach Größe, Alter, Bauart und Nutzung eines Gebäudes muss vor Durchführung eine qualifizierte Beurteilung der Schadstoffsituation in der Bausubstanz erfolgen und in der Planung berücksichtigt werden.
Die Wiederverwendbarkeit von Baustoffen
Für die Herstellung von hochwertigen Baustoffen wird die Bereitstellung von Rohstoffen vorausgesetzt. Diese Rohstoffe werden aus der Umwelt entnommen und sind nicht unendlich nutzbar – ohne die Kreislaufwirtschaft würde es sie irgendwann nicht mehr geben. Die Wiederaufbereitung macht Bauteile, Bauabfälle und Abbruchmaterialien zu neuen Baustoffen und durch ihre Wiederverwendung können natürliche Rohstoffressourcen geschont und somit länger verfügbar gehalten werden.
Die Qualität eines rückgebauten Bauproduktes ist ausschlaggebend für die Wiederverwendbarkeit von Baustoffen und Baukonstruktionen. Durch die Entwicklung schonender Rückbautechniken ist in Zukunft von einer deutlichen Qualitätsverbesserung wiederverwertbarer Bauprodukte auszugehen. Ein weiterer Aspekt der Qualitätsverbesserung von Bauteilen ist das Erreichen einer hohen Stufe ihrer Rückbaufähigkeit. Je höher die Rückbaufähigkeit ist, desto größer ist die Chance zur Wiederverwendung der einzelnen Baumaterialien und Bauteile.
Von Bauabfall zum Neuprodukt
Eine Möglichkeit zur Wiederverwendung von Baustoffen ist das Recycling von Baumaterialien zu einem Neuprodukt. Darunter fallen zum Beispiel Kupferrohre.
Zudem gibt es die Möglichkeit, die Rückbauprodukte zur Herstellung eines nicht gleichartigen Produktes zu nutzen – zum Beispiel kann ein Teil des Abbruchholzes zu Spanplatten verarbeitet werden. Sind diese Verwendungsmöglichkeiten technisch nicht realisierbar, kommt nur die thermische Verwertung oder Deponierung in Frage.
In der Recyclingphase ist die wichtigste Frage, ob es überhaupt Abnehmer für die Rückbauprodukte gibt und wo diese angeboten werden. Die ersten Bauteilbörsen, die sich mit dem Recyclingproblem auseinandersetzen und Lösungen bieten, entstehen bereits. Aktuell gibt es in Deutschland fünf Bauteilbörsen, welche sich in dem Verein bauteilnetz Deutschland organisieren. Die Trennung der einzelnen Baustoffe ist aus ökologischer Sicht nach Gruppen wünschenswert. So können die Anteile, die nicht direkt wiederverwendet werden können, dem Materialrecycling zugeführt werden und somit zur Ressourcenschonung beitragen.
Janina Pörtner
Autorin und Architektin mit Schwerpunkt Architekturkommunikation und -vermittlung.