Gepostet von Tim Westphal
am 05.11.2019
Wie der BIM-Manager die Baubranche revolutioniert
Exklusive Details über den BIM-Experten Mark Baldwin und sein Buch
Mark Baldwin, Autor des Bestsellers „Der BIM Manager“, ist Architekt und arbeitete viele Jahre in Australien sowie im Nahen Osten, vor allem in Dubai. BIM und digitale Planung waren für ihn nie Fremdworte, denn er arbeitete bereits vor der Wirtschaftskrise mit digitalen Planungslösungen und an digitalisierten Prozessen. Sein Fachwissen, das er über die Jahre erwarb, ist die Basis seiner heutigen Tätigkeit als Geschäftsführer für das Unternehmen Digital Insights GmbH in der Schweiz. Er ist außerdem Autor eines erfolgreichen Fachbuches zum Thema mit dem Titel „Der BIM-Manager: Praktische Anleitung für das BIM-Projektmanagement“. Tim Westphal sprach für uns mit ihm über sein Buch und seine Intention – zeitgleich mit dem Erscheinen der englischen Ausgabe des Bestsellers. Weitere Sprachausgaben, unter anderem auf Japanisch und Spanisch, sollen in den kommenden Monaten folgen.
Mark, wie bist du zu den digitalen Bauprozessen gekommen?
Ich bin ausgebildeter Architekt. Als ich in Australien in dem ersten Unternehmen arbeitete, war digitale Planung bereits ein sehr wichtiges Thema. Das Büro setzte früh auf BIM. Ich ging dann für verschiedene Bauvorhaben nach Dubai und wechselte später zu einem Generalunternehmer. Mit der Wirtschaftskrise 2008 bekamen kostengünstige, effiziente und digitale Prozesse sowie BIM spürbaren Auftrieb, der BIM zu einem Riesenthema in meinem Job machte. Unser BIM-Pilotprojekt war das Abu Dhabi Financial Center, ein Bauvorhaben mit über 1 Mrd. Dollar Bausumme. Dem folgten weitere Projekte in einer ähnlichen Größe.
Wie lang warst du im Nahen Osten?
Insgesamt war ich weniger als 4 Jahre in Dubai, aber gefühlt war es wie zehn Jahre – insbesondere was den Lerneffekt betraf. Meine Arbeit hier in der Schweiz umfasste dann keine konventionellen Planungsaufgaben mehr, sondern nur noch BIM-Prozesse. Zuvor war ich als Projektarchitekt tätig und nutzte BIM als Tool. Nun wurde BIM zu meiner Arbeit, meinem Schwerpunkt. Meine Aufgabe bei Digital Insights ist es, Unternehmen bei ihrer Digitalisierung zu unterstützen. Wir begleiten Planungsbüros, Bauunternehmen, Bauherren und viele andere auf diesem Weg.
Warum hast du dich entschlossen, ein Buch über BIM Manager zu schreiben?
Es gibt immer wiederkehrende, einfache Fragen, die ich beantworten wollte. Das ganze erarbeitete Wissen sollte in einem Buch zusammenkommen. Es herrscht noch so viel Verwirrung. Architekten und Planer oder die Bauherren fragen sich: Wer ist denn der BIM-Manager? Und was macht der eigentlich? Hinzu kommt, dass BIM eine Methode für strukturiertes Arbeiten ist. Man muss also nicht zwingend „alles über Bord werfen“, was man vorher gemacht hat – wenn man bereits strukturiert unterwegs ist. Und ich weiß durch meine Projekterfahrungen, wie BIM in vielen Ländern funktioniert. Ich möchte zeigen, wie der erprobte, der reale Weg in der digitalen Planung aussieht. Die damit verbundenen Strukturen und Prozesse werden erst langsam definiert. Im Jahr 2015 gab es zum Beispiel wenige AIA (Auftraggeber Informationsanforderungen) oder BAP (BIM Abwicklungsplan) Exemplare, das kam erst später. Mein Ziel ist es, die Methode in der Anwendung darzustellen.
Das Buch läuft gut? Der Verlag vermarktet inzwischen mehrere Sprachversionen.
Aktuell gibt es eine englische und eine deutsche Ausgabe. Es soll eine japanische folgen, eine spanische sowie eventuell noch eine französische und italienische Version. Es gibt auf dem englisch- und deutschsprachigen Markt viele gute Bücher zum Thema BIM. Aber vor allem im deutschsprachigen Raum haben wir eine nur oberflächliche oder sehr akademische Betrachtung des Themas. Im englischsprachigen Raum wiederum findest du Fachliteratur mit vorwiegend technischen Schwerpunkten. Die englischsprachige Ausgabe ist identisch zur deutschen. Ganz einfach, weil ich es auf Englisch geschrieben habe. Wir haben für die anderen Sprachausgaben lokale Partnerschaften entwickelt. Die Fallstudien werden jeweils mit Autoren erarbeitet, die den regionalen Markt gut kennen. Darüber hinaus ziehen sich weitere lokale Anpassungen durch das ganze Buch. Zwischen der Oberflächlichkeit auf der einen und der technischen Tiefe auf der anderen Seite wollte ich mich bewegen und vermitteln.
Welche Leser möchtest du ansprechen?
Mein Buch soll für alle lesbar sein. Das ist mir wichtig. Es holt sowohl interessierte Anfänger als auch versierte Architekten ab, die schon im Büro als BIM-Manager unterwegs sind. Und ich erreiche vor allem diejenigen, die BIM ernsthaft einführen möchten. Natürlich sehe ich auch, dass in einigen Jahren eine solche Anleitung anders aussehen wird, als jetzt in meinem Buch.
Was denkst du, was an einer BIM-Anleitung in der Zukunft anders sein wird als heute?
Das ist eine Frage, die ich offen lassen möchte. Der Schwerpunkt für das Buch liegt darin, den heutigen Stand klar und unkompliziert darzustellen. Wir zeigen die erprobten Wege, die durch unzählige Projekte erfolgreich begangen werden und die jeder Unternehmer heute umsetzen kann. Es gibt aber gewisse Anzeichen, wohin die Reise gehen wird.
Welche Themen fokussierst du?
Das Buch ist in drei Themenbereiche gegliedert. Der erste Teilbereich ist Einführung und Methodik. Ich stelle zum Beispiel die ISO 19650 Normenserie vor und weitere internationale Standards. Im zweiten Teil folgt die Umsetzung in einem Unternehmen. Also was bedeutet das mit BIM verbundene Change-Management für ein Büro? Und wie sehen die veränderten Planungsabläufe und neuen Prozesse aus? Im dritten und letzten Teil zeigen und erklären wir das alles anhand verschiedener realer Projekte.
BIM wird ja in den Ländern unterschiedlich gelebt. Unterscheiden sich die Sprachausgaben in den jeweiligen Märkten?
Es geht klar in die Richtung, digitale Prozesse zu vereinfachen. Wir benötigen bedienbare Applikationen, die unsere Arbeit erleichtern können. Hier kommen Themen zu Tragen wie künstliche Intelligenz und Machine learning, aber auch Internet of Things, Big Data, Data Analytics und Generative Design.
Wie wichtig sind BIM und die digitalen Planungsprozesse?
Ich würde nicht von einer Wichtigkeit oder Dringlichkeit sprechen. BIM kommt jetzt bei vielen Unternehmen an. Ich finde es eher wichtig, dass es nun auch eingefordert wird. Nimm das Smartphone zum Beispiel. Das kam einfach. Niemand hatte es bis dahin vermisst. Doch jeder hat es sofort adaptiert, ohne darüber groß nachzudenken. Bezogen auf BIM heißt das:
Es interessiert mich nicht, missionarische Überzeugungsarbeit zu leisten. Ich will niemanden zu BIM bekehren. Mich treiben vielmehr Fragen um, wie wir die digitale Planung optimal einsetzen können. Also was wir darin für Chancen sehen, wie sich die Digitalisierung in anderen Prozessen abbilden lässt und wie wir das Planen und Bauen einfacher werden lassen.
Das große Thema über all dem ist die Digitalisierung. Das ist eine organische Entwicklung, die uns noch länger begleiten wird. Das zeige ich auch in Kapitel 10 meines Buches.
Wie wichtig werden Planer-Tools wie Plan.One in der Zukunft?
Für mich bedeutet Planen und Bauen im Moment vor allem Prozessmanagement. Das Innovationsmanagement ist aber eine riesige Komponente, für die ich gute Daten und Informationen brauche. Um das zu schaffen, muss man nicht immer wieder das Rad neu erfinden. Produktdaten müssen vielmehr strukturiert und koordiniert sein – getrennt von der Geometrie. Stichwort: Product Data Template oder buildingSMART Data Dictionary. Eine Datenbanklösung wie bei Plan.One kann also strukturiert, koordiniert und standardisiert wichtige Bauproduktinformationen bereitstellen. Und sie damit für den Architekten und seine Planung nutzbar machen.
Tim Westphal
Autor und Branchenexperte, spezialisiert im Architekturjournalismus auf erklärungsbedürftige Themen und komplexe Baugeschichten.