Feuerwiderstandsklassen – Wichtige Infos im Überblick
Die Feuerwiderstandsklasse ist eine entscheidende Größe im baulichen Brandschutz. Sie definiert, wie lange ein Bauteil dem Feuer standhalten kann, ohne seine Funktion zu verlieren.
Inhaltsverzeichnis
- Die Bedeutsamkeit von baulichem Brandschutz
- Der Unterschied zwischen Baustoffklasse und Feuerwiderstandsklasse
- Einflussfaktoren auf die Feuerwiderstandsdauer
- Zwei Standards für Feuerwiderstandsklassen
- Feuerwiderstandsklassen nach DIN 4102-2
- Feuerwiderstandsklassen nach DIN EN 13501-2
- Feuerwiderstandsklassen im Vergleich
Die Bedeutsamkeit von baulichem Brandschutz
Der Schutz vor Bränden und Brandfolgen in Gebäuden ist wichtig für Menschen, Tiere und auch für Sachgüter. Daher gibt es Bestimmungen zum Brandverhalten von Baustoffen und Bauteilen. Die Aufgabe des baulichen Brandschutzes ist in erster Linie, Brände zu verhindern, aber auch deren räumliche Eingrenzung und die Sicherung von Flucht- und Rettungswegen.
Derartige Fluchtwege gehören ebenso wie Brandschutzzeichen, feuerbeständige Raumabgrenzungen und feuerhemmende bzw. feuerbeständige Bauteile zu den baulichen Maßnahmen zum Brandschutz. Dabei hilft auch die Einteilung in Feuerwiderstandsklassen. Zudem gibt es technische und organisatorische Maßnahmen zum Brandschutz. Zu den technischen Maßnahmen zählen Feuerlöschgeräte, Sprinkleranlagen, Rauchabzugsanlagen und automatische Brandmeldeanlagen. Brandschutzordnung, Übungen, Unterweisungen und Brandschutzbeauftragte sind Teil des organisatorischen Brandschutzes.
Der bauliche Brandschutz ist mit seiner hohen Komplexität eine Herausforderung für die Planung. Rechtlich gibt es starke Reglementierungen. Anforderungen an verschiedene Gebäude – wie zum Beispiel die Feuerwiderstandsklasse – finden sich in den jeweiligen Landesbauordnungen sowie Sonderbauverordnungen. Generell gilt: Je größer ein Gebäude, desto höher sind auch die Brandschutzanforderungen.
Der Unterschied zwischen Baustoffklasse und Feuerwiderstandsklasse
Das Brandverhalten von Baustoffen wird in der DIN 4102-1 und im europäischen Klassifizierungssystem der DIN EN 13501-1 beurteilt und in Baustoffklassen eingeteilt. Da dabei nicht das Zusammenspiel der Baustoffe berücksichtigt ist, gibt es weitere Standardisierungen zum Brandverhalten von Bauteilen, die Feuerwiderstandsklassen.
Die Eigenschaften Baustoffklasse und Feuerwiderstandsklasse unterscheiden sich grundlegend. Beim ersten wird determiniert, ob ein Baustoff brennbar und leicht oder schwer entflammbar ist. Die Feuerwiderstandsklassen dagegen geben an, wie viele Minuten ein Gebäudeteil dem Feuer standhält. Ist ein Baustoff nicht brennbar, kann er trotzdem bei großer Hitze schmelzen und dadurch nicht lange tragfähig bleiben, wie zum Beispiel Stahl. Das Gegenbeispiel ist Holz, welches zwar brennbar ist, aber bei Feuer nicht schmilzt, sondern verkohlt, und dadurch länger seine Funktion erfüllt.
Die Einteilungen in die beiden Klassen beeinflussen die Entscheidungen für oder gegen einen Baustoff sowie die Entscheidung über die Bauteile.
Einflussfaktoren auf die Feuerwiderstandsdauer
- Brandbeanspruchung (ein- oder mehrseitig)
- verwendeter Baustoff oder Baustoffverbund
- Bauteilabmessungen (Querschnittsabmessungen, Schlankheit, Achsabstände)
- bauliche Ausbildung (Anschlüsse, Auflager, Halterungen)
- statisches System (statisch bestimmte oder unbestimmte Lagerung, einachsige oder zweiachsige Lastabtragung, Einspannungen usw.)
- Ausnutzungsgrad der Festigkeiten der verwendeten Baustoffe infolge äußerer Lasten
- Anordnung von Bekleidungen (Ummantelungen, Putze, Unterdecken)
Zwei Standards für Feuerwiderstandsklassen
Je nach Feuerwiderstandsdauer werden Bauteile in verschiedene Feuerwiderstandsklassen eingeteilt. Vereinzelt werden sie auch als Brandschutzklassen bezeichnet. Die Feuerwiderstandsdauer hängt sowohl vom Brandverhalten der verwendeten Baustoffe als auch von der Stärke und Position innerhalb des Bauteils ab. Der Einteilung in Klassen gegenüber stehen die bauaufsichtlichen Anforderungen.
Es gibt derzeit zwei Normen:
- DIN 4102-2: Brandverhalten von Baustoffen und Bauteilen; Bauteile, Begriffe, Anforderungen und Prüfungen (deutsche Norm)
- DIN EN 13501-2: Klassifizierung von Bauprodukten und Bauarten zu ihrem Brandverhalten – Teil 2: Klassifizierung mit den Ergebnissen aus den Feuerwiderstandsprüfungen, mit Ausnahme von Lüftungsanlagen (europäische Norm)
Der Nachweis dazu erfolgt durch Prüfungen der deutschen Norm DIN 4102-2 oder der europäischen DIN EN 1363-1: Feuerwiderstandsprüfungen – Teil 1: Allgemeine Anforderungen.
Bauteilanforderungen werden in den jeweiligen Bauordnungen beschrieben und in den Normen durch die entsprechenden Prüfungen bestätigt. Die Zuordnungen der verwendeten Begriffe wie „feuerhemmend“ oder „feuerbeständig“ zu den jeweiligen Feuerwiderstandsklassen findet sich in den aktuellen Bauregellisten. Zudem sind für die Ausführung weitere Nachweise in Form von Ver- oder Anwendbarkeitsnachweisen erforderlich.
Feuerwiderstandsklassen nach DIN 4102-2
Bei Brandversuchen wird die Feuerwiderstandsdauer anhand einer festgelegten Temperatur-Zeit-Charakteristik bestimmt, der Einheits-Temperaturzeit-Kurve ETK. Die im Versuch erreichte Feuerwiderstandsdauer wird in Minuten gemessen und dementsprechend in Feuerwiderstandsklassen eingeteilt. Dabei betragen die Angaben meistens 30, 60, 90 oder 120 Minuten.
Bauaufsichtliche Anforderung | Feuerwiderstandsklasse | Feuerwiderstandsdauer in Minuten |
---|---|---|
Feuerhemmend | F 30 | ≥ 30 |
Hochfeuerhemmend | F 60 | ≥ 60 |
Feuerbeständig | F 90 | ≥ 90 |
Hochfeuerbeständig | F 120 | ≥ 120 |
Höchsteuerbeständig | F 180 | ≥ 180 |
Zur Erklärung: Hält eine Wand dem Feuer über 30 Minuten stand, so wird das Bauteil in die Feuerwiderstandsklasse F 30 eingeteilt und entspricht der Anforderung feuerhemmend.
Die Feuerwiderstandsklassen können den bauaufsichtlichen Brandschutzanforderungen an die unterschiedlichen Bauteile zugeordnet werden. Zum Beispiel benötigen größere Gebäude der Gebäudeklasse 5 nach Musterbauordnung (MBO) feuerbeständige Bauteile der Klasse F 90, wie Geschossdecken oder Trennwände zwischen den Nutzungseinheiten.
Die unterschiedlichen Bauteile werden durch folgende Kurzzeichen der Feuerwiderstandsklassen abgebildet:
- F = Wände, Decken, Stützen, Unterzüge, Treppen
- F = Brandwände
- W = Nichttragende Außenwände, Brüstungen
- T = Feuerschutzabschlüsse, z. B. Türen
- L bzw. K = Lüftungsleitungen
- S = Kabelabschottungen
- I = Installationsschächte und -kanäle
- R = Rohrabschottungen
- E = Funktionserhalt von elektrischen Kabeln
- F = Verglasungen, wärmestrahlungsundurchlässig
- G = Verglasungen, wärmestrahlungsdurchlässig
Zudem beschreiben diese Zusatzbuchstaben das Brandverhalten der im Bauteil enthaltenen Werkstoffe:
- A = aus nichtbrennbaren Baustoffen
- AB = in den wesentlichen Teilen aus nichtbrennbaren Baustoffen
- B = aus brennbaren Baustoffen
Durch das Anhängen der Baustoffklasse wird die Brennbarkeit des Baustoffs kenntlich gemacht. Ein Beispiel hierfür ist die Klasse F 30-B: Es handelt sich also um ein Bauteil der Feuerwiderstandsklasse F 30, das aus brennbaren Baustoffen besteht.
Feuerwiderstandsklassen nach DIN EN 13501-2
Das europäische Klassifizierungssystem des Feuerwiderstands ist komplexer als das deutsche und ermöglicht zusätzliche Angaben. Dadurch gilt der Sicherheitsstandard als höher und es ist zu erwarten, dass sie die deutsche Klassifizierung nach und nach ablöst. In der europäischen Norm gibt es – unabhängig von dessen Funktion im Gebäude – die Kriterien Tragfähigkeit, Raumabschluss und Wärmedämmung unter Brandeinwirkung. Für diese sind Klassifizierungszeiten (10, 15, 20, 30, 45, 60, 90, 120, 180, 240 oder 360) in Minuten nachzuweisen, um zusammen die Klasseneinteilung zu ergeben. Zusätzlich können die Leistungskriterien auch isoliert voneinander betrachtet und die Klassifizierung durch weitere Zeichen ergänzt werden.
Das sind die Leistungskriterien für alle Bauteile:
- R = Tragfähigkeit (Résistance)
- E = Raumabschluss (Etanchéité)
- I = Wärmedämmung (Isolation)
Ausgewählte Zusatzzeichen:
- W = Begrenzung des Strahlungsdurchtritts
- M = Mechanische Einwirkung auf Wände (Stoßbeanspruchung)
- i -> o (in-out) = Richtung der klassifizierten Feuerwiderstandsdauer bei nichttragenden Außenwänden
- a <-> b (above-below) = Richtung der klassifizierten Feuerwiderstandsdauer bei Unterdecken
- f (full) = Beanspruchung durch „volle“ ETK
- ef = Beanspruchung durch Außenbrand
Die Einordnung einer Wandkonstruktion in die Feuerwiderstandsklasse R 90 erfolgt, sofern eine Wandkonstruktion bis zu 100 Minuten Brand tragfähig bleibt, ohne Berücksichtigung des Raumabschlusses und der Wärmedämmung. Bei Berücksichtigung des Raumabschlusses wird die geringere Zeit zur Klassifikation verwendet. Versagt also der Raumabschluss schon nach 70 Minuten, so entspricht dies der Klasse RE 60. Hält die Wärmedämmung 40 Minuten, wird die Klasse REI 30 zugewiesen.
Feuerwiderstandsklassen im Vergleich
Bei dem Vergleich von Produkten nach deutscher und harmonisierter europäischer Klassifizierung sind die unterschiedlichen Bedeutungen der Kennzeichen zu beachten, da bei beiden gleiche abkürzende Buchstaben verwendet werden. Zum Beispiel beschreibt „R“ in der deutschen DIN 4102 das Bauteil Rohrabschottungen, während es in der europäischen EN 13501 die Tragfähigkeit eines Bauteils meint. So steht R 90 in der deutschen Norm für eine Rohrabschottung, deren Feuerwiderstandsdauer über 90 Minuten beträgt. In der europäischen steht es hingegen für ein tragendes Bauteil, welches über 90 Minuten unter Brandeinwirkung standhält. Beide Klassifizierungen entsprechen der bauaufsichtlichen Anforderung „feuerbeständig“.
Beispiele für vergleichbare Feuerwiderstandsklassen nach DIN 4102 und DIN EN 13501
Bauteil | Klassifizierung nach | |
---|---|---|
DIN | EN | |
nichttragende Wand | F 30 | EI 30 |
Stahltragwerk | F 90 | R 90 |
Kabelabschottung | S 90 | EI 90 |
Lüftungsleitung | L 90 | EI 90 |
Installationskanal | I 30 | EI 30 |
Pia Gottszky
Autorin und Journalismusexpertin mit Schwerpunkt auf Architekturthemen im gesellschaftlichen Kontext.