Digital, schnell, effizient: Bauunternehmen denken um
Laura Lammel aus München setzt auf Teamarbeit und Kooperation
Das Bauen muss digitaler werden. Unsere Bauunternehmer werden dann auch in Zukunft ihren international guten Ruf behaupten. Die großen „Player“ der Branche haben sich längst positioniert. Doch ist das Bauen in Deutschland vor allem vom Mittelstand geprägt. Mittelständische Unternehmen wie Lammelbau aus München erkennen ihre Chance: Sie arbeiten an einer langfristigen Unternehmensstrategie für die digitale Baustelle. Und sie nutzen neue Technologien, setzen weiter auf Kooperation sowie die Partnerschaft aller Baubeteiligten.
Steigende Grundstückspreise und fehlender Nachwuchs
Der Traum vom Eigenheim, entworfen und geplant vom Architekten und realisiert nach den individuellen Wünschen des Bauherren, kann für jeden in Erfüllung gehen. Das stimmt insofern, dass Baugeld so günstig wie noch nie ist. Sogar Vollfinanzierungen ohne Eigenkapital sind zur aktuellen Konjunkturlage und bei nahezu allen deutschen Banken möglich. Die lockere Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) macht es möglich: Die Geldhäuser schwimmen buchstäblich im billigen (Bau-)Geld. Doch gleichzeitig sind Baugrundstücke in begehrten Lagen, und weit darüber hinaus, äußerst teuer geworden.
Zwei prominente Beispiele, die das eindrucksvoll belegen sind München und Berlin. Stadt und Umland der bayerischen Landeshauptstadt waren schon immer teuer. Dass sich jedoch zum Beispiel in Unterschleißheim die Baulandpreise in nur vier Jahren (2014 – 2018) von 870 auf 1.600 EUR/m2 nahezu verdoppelten, lässt das Bauen für viele unmöglich werden. Ähnlich sieht es in unserer Bundeshauptstadt Berlin aus. Allein 2018 stiegen die Bodenrichtwerte um durchschnittlich 20 % zum Vorjahr, wie der Gutachterausschuss für Grundstückswerte ermittelte. Die Berliner Morgenpost berichtete Anfang 2019, dass der durchschnittliche Preis für Bauland damit bei 2.000 bis 2.500 EUR/m2 liegt, in Innenstadtlage bei 15.000 EUR/m2.
Prozentuale Entwicklung der Grundstückspreise in Berlin 2012-2019
Der Bodenrichtwert hat unter anderem einen direkten Einfluss auf den Kaufpreis, zum Beispiel bei einer Wohnung in einem Mehrfamilienhaus. Als Mittelwert der Preise von mehreren Grundstücken in einer bestimmten Lage ist der Bodenrichtwert entscheidend für die Gesamtkosten bei einem Grundstücks- oder Hauskauf. Weiter verteuernd wirken steigende Rohstoffpreise u.a. von Sand, Zement oder Stahl sowie erhöhte technische Standards durch die Energieeinsparverordnung (EnEV) oder neue Brandschutzanforderungen. Hinzu kommt die hohe Auslastung bei den Bauunternehmen und im Fachhandwerk, verbunden mit Nachwuchs- und Fachkräftemangel. Bauen wird somit Jahr für Jahr teurer. Das ist deutlich spürbar.
Bauunternehmen lernen, umzudenken
Diese Hintergründe sind wichtig, um zu verstehen, wo die Kosten im Gebäude „verbaut“ sind. Denn es sind nicht etwa überteuerte Architekten oder Fachplaner, die Hand-in-Hand mit profitorientierten Bauunternehmern die Honorare in die Höhe treiben. Im Gegenteil: Die Gewinnmargen, so auf Seiten der Bauunternehmer, sind gering und bewegen sich seit Jahren im einstelligen Prozentbereich. Das hat zur Folge, dass Bauunternehmen trotz guter Auftragslage immer wieder in eine wirtschaftliche Schieflage geraten können.
Bruttoinlandsprodukt (BIP) und Bauinvestitionen in den jeweiligen Preisen
Bauinvestitionen nach Bausparten 2018
Eines der Unternehmen, das sich in diesem Umfeld als Mittelständler weiterhin erfolgreich behauptet, ist Lammel Bau aus München. Seit über 10 Jahren wird das familiengeführte Bauunternehmen von Laura Lammel geleitet. Die energische wie sympathische Chefin führt ihre Mitarbeiter konsequent an das digitalisierte Bauen der Zukunft heran. Ein entscheidender Vorteil des Mittelstandes ist ohnehin die Nähe der Geschäftsführung zu den eigenen Mitarbeitern und das gemeinsame Gespräch „auf Augenhöhe“. Laura Lammel macht deutlich: Schlanke Verwaltung, direkter Kontakt mit den Kollegen am Bau und schnelle, verbindliche Entscheidungen – die von allen mitgetragen werden – sind bei ihr in der Firma der Alltag.
Digitalisierung beginnt schon am Schreibtisch
Digitalisiert Planen und Bauen wird aktuell oft mit BIM verwechselt. BIM ist jedoch nur ein, wenn auch wichtiger, Teilaspekt. Denn interne Prozesse in den Bauunternehmen, bei den Fachhandwerkern, in der Produktion, beim Transport und der Baustellenlogistik lassen sich ebenfalls stärker digitalisieren. Das Bauen digitaler zu gestalten, beginnt also am Schreibtisch und nicht erst mit der Baugrube.
Damit ist nicht allein der Schreibtisch des Bauunternehmers gemeint. Die Fachplaner und Architekten, so stellt es Laura Lammel heraus, müssen wichtige Vorarbeit leisten. Ihrer guten Planung verdanken die Bauunternehmen entweder eine reibungslos laufende Baustelle oder bei ungenügender Planungsleistung einen „Chaosbau“. Hinzu kommt der wachsende Fachkräftemangel, der die gesamte deutsche Wirtschaft trifft und ungenügend ausgebildete Absolventen. Das sind Kritikpunkte, die ebenso von Architekturbüros immer wieder geäußert werden. Laura Lammel: „Wir leiden immens unter dem Fachkräftemangel. Uns fehlen Menschen, die bereit sind, auf der Baustelle mitzudenken. Die Verantwortung übernehmen und sich in der Lage sehen, Fehler zu kompensieren, die Architekten und Ingenieuren tagtäglich passieren – schon durch zu kurze Planungszeiträume oder zu wenig Erfahrung – und sich zu stark auf digitale Werkzeuge verlassen.“
BIM bietet neue Qualitäten
Wer glaubt, Digitalisierung am Bau heißt, dass alles elektronisch und robotisch wird, der liegt falsch. Die wachsende Digitalisierung der Planungs- und Bauprozesse ersetzt bisher nicht die Menschen auf der Baustelle oder die Kommunikation zwischen den Planern und den Bauausführenden. Ebensowenig führt die BIM-Methode zu weniger Planungsfehlern. Jedoch werden sie früher sichtbar als bisher und können eher behoben werden. BIM schafft durch vielfältige Prüfprozesse und eindeutige Rahmenbedingungen eine fehlerarme Ausführungs- und Detailplanung – sofern alle konsequent auf die Methode setzen.
Investitionen ins Unternehmen bleiben wichtig
In naher Zukunft ist sogar der digitale BIM-basierte Bauantrag denkbar. Dabei werden Geometrien, Mindest- und spezielle Gebäudeanforderungen regelbasiert überprüft. Das erleichtert den Bauantrag für die Genehmigungsplanung sowie die Kommunikation zwischen der Planung und Realisierung. Hier sind aber nicht nur die Architekten und Planer gefordert, sondern ebenso die Bauunternehmen. Laura Lammel sieht die Herausforderungen, die Digitalisierung muss gelingen. Dennoch: „Die Kostenfrage ist für alle Bauunternehmer sehr wesentlich. Das spüren wir ebenso bei uns selbst. Das Geld, das wir für in unsere Digitalisierung investieren, bekommen wir in den Projekten nicht so einfach als Gewinn zurück. Doch wenn man langfristig eine Zukunft darin sieht, muss man diesen Weg gehen. Egal, wie sich die Firma dann verändert: Du musst etwas tun, um in einer vernetzten Welt zu funktionieren.“
Die digitale Baustelle rückt näher
Dass die digitale Baustelle immer näher Richtung Deutschland rückt, zeigt sich bereits an verschiedenen Stellen. Die Bauablaufplanung kann mit einem BIM-Modell-Checker simuliert werden, Baumaschinen lassen sich effizient und mit weniger Standzeit nutzen und Baugruben schon seit Jahren mit GPS-gesteuerten Baggern ausheben. Und die digitale Entwicklung geht rasant weiter. Sie macht weder vor dem Haus aus dem Beton-3D-Drucker noch vor dem Ausbaugewerbe halt.
Fazit: Unsere Zukunft wird viel „smarter“!
Die genannten Beispiele sind nah am Baustellenalltag. Die Zukunft wird aber wohl weitaus smarter als bisher. Die weitere Beschleunigung der Rechentechnik und der Datenübertragungsraten für mobile Anwendungen werden Möglichkeiten wie „Mixed Reality“-Anwendungen auf der Baustelle ermöglichen. Die Mixed Reality Technologie vermischt interaktiv digitale Inhalte mit realen Objekten. Bauprodukte werden sich virtuell bemustern lassen, direkt im Rohbau. Für Informationsdienstleister wie Plan.One, die in diesem Bereich unterwegs sind und Bauprodukte, 3D-Modelle, BIM-Daten oder weiterführende Planungsinformationen bereitstellen, brechen dann neue „goldene“ Zeiten an. Schließlich werden ihre Angebote damit hochflexibel sowie maximal mobil auf allen Endgeräten. In der virtuellen Realität des Gebäudemodells ebenso wie in der Augmented Reality, direkt auf der Baustelle.
Tim Westphal
Autor und Branchenexperte, spezialisiert im Architekturjournalismus auf erklärungsbedürftige Themen und komplexe Baugeschichten.