Merkmale der LOD-Spezifikation
Teil 2
Im ersten Teil unserer Serie zum Thema «Umgehen mit LOD» ging es um die Grundlagen von LOD. Dabei haben wir über LOD als eine Spezifikation gesprochen, die sich zur Definition der Reife von Modellobjekten eignet. Dieser Vergleich kann zum Verständnis des LOD nützlich sein, insbesondere bei der Definition von Projektergebnissen und zur Abschätzung des dafür erforderlichen Aufwands. Es gibt jedoch einige einzigartige Eigenschaften des LOD, die für sich stehen.
Wie im vorherigen Beitrag zu den Grundlagen von LOD gezeigt, spiegelt das Konzept sowohl den geometrischen als auch den Informationsgehalt der Modellelemente wider. Diese beiden Aspekte der Modellentwicklung müssen getrennt verwaltet werden. In zweiten Teil unserer Serie steigen wir ein wenig tiefer in die Konzepte der Geometrie- und Informationsebene (Level of Geometry and Information) ein und betrachten einige der anderen definierenden Merkmale der LOD-Spezifikation.
Die Serie im Überblick
- Teil 1: Grundlagen von LOD
- Teil 2: Merkmale der LOD-Spezifikation
- Teil 3: ISO 19650: Internationale Normen für Informationsmanagement
- Teil 4: Von LOD zu LOIN
- Teil 5: Datenvorlagen als finales Puzzleteil für modellbasiertes Arbeiten
Level of Geometry
Es gibt keinen internationalen Standard für die Definition des Level of Geometry, aber die bei weitem am häufigsten verwendete Definition ist die des American Institute of Architects (AIA Document G202-2013), später erweitert durch das BIM-Forum (Level of Development Specification). Die ursprüngliche AIA-LOD-Definition kombinierte Geometrie und Informationen in fünf Gruppen von LOD 100, LOD 200, LOD 300, LOD 400 und LOD 500. Dies ist ein etwas problematischer Standard. Erstens sind in der AIA-Spezifikation Informationen und Geometrie in einem Paket zusammengefasst. Zweitens spiegeln die Gruppierungen nicht nur den Modellinhalt, sondern auch die Modellnutzung wider. Dadurch werden die Grenzen verwischt, da Nutzung und Inhalt zwei getrennte Maßnahmen sind. Tatsächlich beschreibt LOD 500 nicht wirklich einen Detaillierungsgrad, sondern eher eine Zustandsdefinition; das ist der Ist-Zustand (As-Built) des Bauteils. Die Spezifikation des BIM-Forums hat die Geometrie und die Informationen in ihrer Spezifikation getrennt und die Ebene 500 ganz entfernt, sodass LOD 400 die höchste geometrische Detailstufe ist.
In Ermangelung eines nationalen Standards sind die Level of Geometry des BIM-Forums zu empfehlen.
Level of Information
Die Definition von Informationsanforderungen ist weitaus komplexer als die Definition der geometrischen Darstellung, und in den meisten Fällen ist es nicht empfehlenswert, eine grobe Gruppierung wie das LOG 100-400 zu verwenden. Stattdessen wird der Informationsgehalt durch die Identifizierung der einzelnen erforderlichen Objekteigenschaften definiert. Die Eigenschaften eines Objektmodells können alles abdecken: die physikalischen Abmessungen, Objekttyp, Material, Hersteller, Kosten etc. Zu den Objekteigenschaften können auch projekt- oder phasenspezifische Attribute gehören, wie z. B. Genehmigungs- oder Koordinierungsstatus, ob es installiert ist oder irgendwelche Mängel aufweist. Die Liste der möglichen Objekteigenschaften ist nahezu endlos – sicherlich geht die Liste in die Hunderte. Es werden neue Standards entwickelt, um modellbasierte Informationsanforderungen zu definieren.
Eine solche Norm ist die EN ISO 23387 zur Definition der so genannten Norm für Produktdatenvorlagen (Product Data Templates, oder PDT’s). Produktdatenvorlagen werden in einem späteren Artikel dieser Serie besprochen, können jedoch als eine umfangreiche Liste aller möglichen Eigenschaften eines Bauteils, wie z. B. einer Tür oder eines Fensters, betrachtet werden.
Bei der Anwendung des Konzepts des LOD in Projekten gibt es eine Reihe von Überlegungen oder Merkmalen zu berücksichtigen.
Objektbezogen
Während sich der Maßstab speziell auf den Informationsgehalt eines Plans bezieht, wird der LODzur Bestimmung des Detaillierungsgrades eines Modellobjektes verwendet. Die Bezeichnung LOD sollte jedoch nicht auf ein Gesamtprojekt oder Modell angewendet werden (z. B. in der Aussage «Ich brauche ein LOD-300-Strukturmodell.»). Vielmehr sollte die Angabe des Detaillierungsgrades für Objekttypen innerhalb des Projekts erfolgen, wie z. B. Wände, Türen, Luftkanäle etc. Wie allgemein oder detailliert die Objektkategorisierung sein soll, ist von Projekt zu Projekt festzulegen. Dazu gehört zum Beispiel, ob alle Wände in einer Gruppierung zusammengefasst werden oder ob Wandtypen (wie z. B. Innen-, Außen-, Tragwand etc.) einzeln spezifiziert sind.
Phasengerecht
Der Detaillierungsgrad von Objekten schreitet typischerweise über den gesamten Projektlebenszyklus hinweg voran, sodass es üblich ist, jedem Objekttyp eine LOD-Bezeichnung für jede Projektphase zu geben. In der einfachsten Form spiegelt sich dies in der Projekt-BIM-Spezifikation wider, die eine Tabelle mit Objektelementen mit LOD oder LOG über die verschiedenen Projektphasen hinweg enthält, den sogenannten Modellelement-Erstellungsplan, wie unten dargestellt.
Rollenspezifisch
Ein weiterer Aspekt, der bei der Bestimmung der Darstellung eines Modellobjektes zu berücksichtigen ist, ist die Rolle der Person, die sich mit diesem Objekt beschäftigt. Aus der Perspektive eines Architekten kann sich die Darstellung einer Wand beispielsweise auf Materialeigenschaften, Dicke und Oberflächenbeschaffenheit konzentrieren. Architekten modellieren oft auch Außenwände als ein einziges Modellelement vom Erdgeschoss bis zum Dach. Für einen Statiker werden die Objekte auf jeder Ebene getrennt und der analytische Aspekt der Konstruktion ist von größter Bedeutung. Für einen Brandschutzexperten wäre die Darstellung wieder anders.
Anwendungsfallabhängig
Der wichtigste Faktor, der die Darstellung eines Modellelements beeinflusst, ist jedoch zweifellos sein Modellnutzen oder Use Case. Dies bezieht sich auf die Anwendungsfälle im Planungs- und Bauprozess, wie z. B. die Energiebilanz oder die Kostenschätzung, aber auch auf Anwendungsfälle im Betrieb der Anlage, wie z. B. die Gebäudeinstandhaltung. Um dies zu veranschaulichen, schauen wir uns noch einmal das Beispiel Wandelement an. Wenn der primäre BIM-Anwendungsfall die Visualisierung ist, dann liegt der Fokus des Wandobjekts auf der genauen geometrischen Darstellung. Wenn wir den Anwendungsfall der Kollisionserkennung einbringen, dann müssen wir wissen, ob das Element tragfähig ist oder nicht und wie hoch seine Brandklasse ist. Je mehr Anwendungsfälle in dem Projekt genutzt werden, desto detaillierter werden die Informationsanforderungen.
Schlusswort
Die LOD-Spezifikation ist ein Mittel zur «Benennung» des erforderlichen Niveaus der Modellentwicklung, aber sie ist kein Mechanismus zur Bestimmung der Informationsanforderungen. Dies ist eine viel komplexere Aufgabe und resultiert aus einer gründlichen Analyse der Projektanforderungen und Modellanwendungen (Use Case). Es liegt letztendlich an den Projektverantwortlichen und teilweise auch an den Lieferungsteams, zu Beginn eines Projektes zu entscheiden, welche Art von Informationen sie in ihrem Informationsmodell haben wollen und was ausgeschlossen werden soll.
Dies ist ein schwieriges Unterfangen, vor allem für Bauherren, die möglicherweise nicht alle Objekteigenschaften kennen, die sie letztendlich benötigen, und sich daher nicht in der Lage fühlen, BIM in einem Projekt korrekt zu spezifizieren.
Die Spezifikation von Projektinformationen ist in der Tat eine der größten Herausforderungen, mit denen BIM-Projekte derzeit konfrontiert werden. Dies ist ein zentrales Thema des internationalen Standards für BIM, oder genauer gesagt für das Informationsmanagement mit Hilfe von Gebäudeinformationsmodellierung, EN ISO 19650 Teil 1 & 2. Interessanterweise bezieht sich die ISO 19650-1 nicht auf den Begriff LOD, sondern führt einen neuen Begriff ein, LOIN, Level of Information Need, um die Anforderungen an Projektinformationen so weit wie möglich zu erfassen.
Die Projektinformationsspezifikation und das LOIN-Konzept werden im nächsten Artikel
behandelt.
Lesen Sie auch die anderen Teile aus der LOD Serie
Teil 1 Grundlagen von LOD
Teil 3 ISO 19650: Internationale Normen für Informationsmanagement
Teil 4 Von LOD zu LOIN
Teil 5 Datenvorlagen als finales Puzzleteil für modellbasiertes Arbeiten
Mark Baldwin
Autor und BIM-Experte, Geschäftsführer der Digital Insights GmbH und Co-Studiengangleiter Digital Construction an der Hochschule Luzern.