Von LOD zu LOIN
Teil 4
Im vorherigen Artikel dieser Serie haben wir die internationalen Normen für Informationsmanagement unter Verwendung von BIM, der EN ISO 19650-Reihe vorgestellt. Die Sprache der ISO 19650-Reihe kann, wie viele andere Normen auch, recht vage und unklar erscheinen. Tatsächlich versuchen die Normen auf eine sehr präzise Art und Weise zu definieren, wie die Anforderungen an die Projektinformationen zu definieren und zu erfüllen sind. Gleichzeitig verwenden sie jedoch eine offene und neutrale Sprache. Dies ist aus zwei Gründen notwendig. Erstens muss die Norm allgemein genug sein, um auf möglichst viele Projekttypen anwendbar zu sein. Sie muss für die Renovierung eines Krankenhauses genauso relevant sein wie für den Bau einer neuen U-Bahn. Zweitens können sie intern keine nationalen Terminologien übernehmen, die von der Baubranche vielleicht besser verstanden werden. Es ist beabsichtigt, die Normen durch die Begleitung von nationalen Richtlinien und Vorschriften zu präzisieren.
Die Serie im Überblick
- Teil 1: Grundlagen von LOD
- Teil 2: Merkmale der LOD-Spezifikation
- Teil 3: ISO 19650: Internationale Normen für Informationsmanagement
- Teil 4: Von LOD zu LOIN
- Teil 5: Datenvorlagen als finales Puzzleteil für modellbasiertes Arbeiten
LOIN: Die Bedeutung
In ISO 19650-1 wird der Begriff Level of Information Need (Grad des Informationsbedarfs) oder LOIN eingeführt, um Informationsleistungen zu definieren. LOIN ist kein einfacher Ersatz für das LOD-Konzept. Das LOIN ist für Auftraggeber gedacht, die ihren Informationsbedarf für die Projektabwicklung definieren. Innerhalb des LOIN-Konzepts können verschiedene Metriken verwendet werden, um die zu liefernden Informationen zu messen; insbesondere die Geometrie, alphanumerische Daten und Dokumente zum Beispiel unstrukturierte Informationen, wie Pläne, Berichte, Fotos und so weiter. Alphanumerische Informationen sollten als mindestens ebenso wichtig wie die Geometrie betrachtet werden.
Diese Einbeziehung von Dokumenten in die LOIN-Definition ist recht nützlich. Sie erkennt an, dass unstrukturierte Daten zu den wichtigsten Ergebnissen aktueller Projekte, sogar von BIM-Projekten, gehören und wahrscheinlich noch einige Zeit lang Bestand haben werden.
Es ist zu beachten, dass die ISO 19650-1 eine recht allgemeine Sprache verwendet, die auf Projekte mit unterschiedlichem digitalem (BIM) Reifegrad anwendbar ist. Die Definition von LOIN in ISO 19650-1 ist kurz und relativ allgemein gehalten. Dabei kann es schwierig sein zu erkennen, wie sie in Projekten anzuwenden ist. Beispielsweise sind die spezifischen Metriken für die Messung des Reifengrads der Geometrie oder des alphanumerischen Inhalts im LOIN-Konzept nicht definiert z.B. Metriken, die mit den LOD 100-400 Stufen vergleichbar sind. Um dies zu ergänzen, wird LOIN in neue europäische Normen in der Reihe EN 17412, die im Laufe dieses Jahres veröffentlicht werden soll, weiter definiert.
Trends in der Informationsvermittlung
Traditionell wurden Projekte weitgehend auf der Grundlage von Dokumenten durchgeführt, die oft gedruckt und von Hand geliefert wurden. Mit dem Übergang zu verstärkt digitalen Arbeitsweisen werden Dokumente in digitaler Form bereitgestellt und häufiger virtuelle Modelle verwendet. In den kommenden Jahren werden wir zweifellos einen Rückgang der Menge an Dokumenten erleben, die bei der Projektübergabe geliefert werden oder bereits während des Betriebs verwendet werden. Geometrische Modelle werden weiter an Bedeutung gewinnen, aber nur in begrenztem Umfang. Diese Modelle haben die Art und Weise verändert, wie wir die Projektbedingungen visualisieren und kommunizieren. Die Geometrie ist jedoch nur ein Platzhalter für die Informationen. Der eigentliche Wachstumsbereich wird im alphanumerischen Inhalt von Informationsmodellen, den strukturierten, maschinenlesbaren Daten, liegen.
In den kommenden Jahren werden die Eigentümer weiterhin Dokumente, Modelle und andere Datenquellen anfordern. Wobei jedoch, wie im Folgenden dargestellt, alphanumerische Daten von höchster Bedeutung sind, gefolgt von den geometrischen Modellen und der unterstützenden Dokumentation.
LOD und LOIN
Zusammenfassend können wir sagen, dass dort, wo LOD speziell auf modellbasiertes Arbeiten ausgerichtet ist, das LOIN-Konzept versucht, die Projektinformationsspezifikation im weitesten Sinne zu erfassen. Das Konzept ist für Projekte auf verschiedenen Ebenen des digitalen Reifengrads relevant.
Derzeit ist der Begriff LOIN nur noch selten zu finden. LOD wird in der Praxis sicherlich häufiger verwendet. Dies wird sich jedoch ändern, wenn die LOIN-Definition in den kommenden EN-Normen erweitert wird und die ISO-Normen 19650 stärker auf Projekte angewendet werden. Es wird erwartet, dass die ISO- und EN-LOIN-Definitionen durch nationale Normen ergänzt werden, die spezifische Metriken zur Messung der geometrischen Reife und des alphanumerischen Inhalts von Informationsmodellen definieren.
Unabhängig davon, ob das LOD- oder das LOIN-Konzept verwendet wird, kann kein Zweifel daran bestehen, dass alphanumerische Inhalte eine führende Rolle bei der Spezifikation, Erstellung, Bereitstellung und Validierung von Projektinformationen spielen werden. Ein Großteil der Inhalte, die wir derzeit in Dokumenten wie Produktspezifikationen und Wartungshandbüchern vermitteln, werden in Zukunft in virtuelle Objekte eingebettet sein. Der Inhalt von Objektdaten und die Digitalisierung von Produktdaten werden in unserem nächsten Artikel über Datenvorlagen behandelt.
Lesen Sie auch die anderen Teile aus der LOD Serie
Teil 1 Grundlagen von LOD
Teil 2 Merkmale der LOD-Spezifikation
Teil 3 ISO 19650: Internationale Normen für Informationsmanagement
Teil 5 Datenvorlagen als finales Puzzleteil für modellbasiertes Arbeiten
Mark Baldwin
Autor und BIM-Experte, Geschäftsführer der Digital Insights GmbH und Co-Studiengangleiter Digital Construction an der Hochschule Luzern.