Datenvorlagen als finales Puzzleteil für modellbasiertes Arbeiten
Teil 5
Building Information Modelling steht für den Übergang von einer dokumentbasierten Arbeitsweise zu einer modellbasierten Arbeitsweise. In dieser Serie über LOD haben wir uns speziell mit den Standards befasst, die zur Definition der Dateninhalte für diese modellbasierten Prozesse verwendet werden. Einfach ausgedrückt dient die LOD-Konvention, ähnlich wie die Konvention über den Maßstab davor, als gemeinsame Referenz, ja sogar als vertragliche Vereinbarung zwischen zwei Parteien (hauptsächlich dem Auftraggeber und Auftragnehmer), wie welche Daten in welchem Fertigstellungsgrad und in welcher Phase des Projekts geliefert werden sollen.
In den ersten Artikeln dieser Serie haben wir gelernt, dass LOD objektbasiert ist; es spezifiziert den Detaillierungsgrad für ein bestimmtes Modellobjekt in einer bestimmten Phase eines Projekts. Während sich die ursprüngliche Verwendung der LOD-Konvention eher auf geometrische Details konzentrierte, hat sich der Schwerpunkt nun auf den alphanumerischen Inhalt verlagert. Bezeichnenderweise erkennen wir mit der Veröffentlichung der ISO-Norm für Informationsmanagement mit BIM, ISO 19650-1 und -2 die Informationsspezifikation und -validierung als einen der zentralen Komponenten der BIM-Projektabwicklung an. Die korrekte Definition der Informationsanforderungen bringt nicht nur Klarheit in die Projektdefinition und -ausführung, sondern stellt auch ein Maß dar, anhand dessen ein Eigentümer die endgültigen Ergebnisse validieren kann.
Die Serie im Überblick
- Teil 1: Grundlagen von LOD
- Teil 2: Merkmale der LOD-Spezifikation
- Teil 3: ISO 19650: Internationale Normen für Informationsmanagement
- Teil 4: Von LOD zu LOIN
- Teil 5: Datenvorlagen als finales Puzzleteil für modellbasiertes Arbeiten
Datendefinition und -austausch
Betrachtet man typische BIM-Projekte vor fünf bis zehn Jahren, so fand ein Großteil der „BIM“-Aktivitäten innerhalb einzelner Organisationen statt. Es gab einen Modellaustausch; der Schwerpunkt lag jedoch oft auf der räumlichen Koordination von geometrischen Modellen (z. B. visuelle Koordination und Kollisionserkennung). In den vergangenen fünf Jahren hat das Interesse am Dateninhalt von Informationsmodellen zugenommen. Dies ergab sich einerseits aus dem Wunsch bestimmter Organisationen, Projektdaten mit anderen internen Datenbanken (wie z. B. Kalkulations- oder ERP-Systemen) zu verbinden, aber auch aus der Anforderung, spezifische Projektdaten zwischen den Projektteilnehmern auszutauschen und zu validieren.
Die verstärkte Konzentration auf alphanumerische Daten machte eine große Unzulänglichkeit bei der Definition von Informationsinhalten deutlich. Es gab und gibt immer noch eine Fülle unterschiedlicher Industriestandards, Softwarelösungen und interner Konventionen, die zur Benennung von Objekttypen und Objekteigenschaften verwendet werden. Dadurch wurden automatisierte Prozesse, die auf der Identifizierung von Objekt- und Eigenschaftstypen beruhen, unwirksam.
Das folgende Diagramm zeigt einige der vielen unterschiedlichen „Standard“-Definitionen für den Wärmedurchgangskoeffizienten, die derzeit existieren. Was in den OmniClass-Klassifizierungssystemen als ‚Wärmewiderstand‘ (EN: Thermal resistance) bezeichnet wird, wird nach ITEM ‚U-Wert‘ genannt. In der Softwareanwendung Revit wird der Begriff ‚Wärmeleitfähigkeit‘ (EN: Thermal conductivity) verwendet, während er im IFC-Schema als ‚Wärmedurchgangskoeffizient‘ (EN: Thermal transmittance) bezeichnet wird. Eine Lösung wäre es, alle Standards zur Verwendung desselben Begriffs zu zwingen. Dies ist jedoch unrealistisch und geht nicht auf die Frage der Sprachübersetzung ein. Erforderlich ist ein Standardrahmen für die Strukturierung von Objektdaten sowie ein Mechanismus für die Abbildung zwischen verschiedenen Definitionen.
Datenvorlagen-Standards
In den vergangenen Jahren wurden zwei neue Standards entwickelt, die einen Rahmen für die Strukturierung von Objektdaten und für die Abbildung zwischen verschiedenen Standards und Sprachen bieten.
EN ISO 23386 , veröffentlicht im März 2020, ist ein Standard für das ‚Übersetzen‘ oder Mappen von Inhalten mit Datenwörterbüchern, wie z. B. dem buildingSMART Data Dictionary.
EN ISO 23387 , die im Laufe dieses Jahres veröffentlicht wird, definiert Datenvorlagen zur Standardisierung von Objektinhalten für digitale Arbeitsweisen. Vereinfacht ausgedrückt definiert die in ISO 23387 vorgeschlagene Datenstruktur verschiedene Bauteile (oder sogar Materialien), für die eine Datenvorlage existieren muss. Innerhalb dieser Datenvorlage gibt es eine Liste aller möglichen Eigenschaften, von denen die Eigenschaften ein oder mehrere Attribute haben können. Der Objekttyp kann z. B. eine Betonwand sein und eine der Eigenschaften der Wand kann der Wärmedurchgangskoeffizient sein. Die Eigenschaft ‚Wärmedurchlässigkeit‘ wird verschiedene Attribute haben, wie z. B. den Wert, den Einheitentyp usw.
Schlusswort
Standards für die Strukturierung und Abbildung von Objektdatendefinitionen waren ein fehlendes Puzzleteil im modellbasierten Arbeiten. Diese kritische Komponente ist uns erst richtig bewusst geworden, als wir von einem Dokument zu einem Modell und schließlich zu einer datengetriebenen Denkweise übergegangen sind.
In der allgemeinen Praxis werden geometrische Definitionen, wie wir sie aus der LOD-Definition kennen, weiterhin eine wichtige Rolle spielen, jedoch wird das Datenmanagement (Spezifikation, Austausch und Validierung) in unseren BIM-Prozessen zunehmend in den Vordergrund treten.
Mark Baldwin
Autor und BIM-Experte, Geschäftsführer der Digital Insights GmbH und Co-Studiengangleiter Digital Construction an der Hochschule Luzern.